Allgemeines
Regelungen hinsichtlich des einem Arbeitnehmer zustehenden Urlaubs sind im
Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt. Gemäß § 1 BUrlG hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr Anspruch auf bezahlten Urlaub.
Nach § 2 BUrlG sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes Arbeiter und Angestellte, sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Weiter gelten als Arbeitnehmer solche Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzuse-hen sind.
Mindesturlaub
Der jährliche Mindesturlaub beträgt gem. § 3 BUrlG 24 Werktage.
In der Regel finden sich in den Arbeitsverträgen bzw. in Tarifverträgen oder anderen Kollektivvereinbarungen zugunsten des Arbeitnehmers Abweichungen.
Unter Werktagen in diesem Sinne versteht man alle Kalendertage, die nicht Sonn- oder gesetzliche Feiertage sind. Um Anspruch auf den Mindesturlaub zu erhalten, muss der Arbeitnehmer eine Wartezeit erfüllen (sog. Probezeit zu Beginn des Arbeitsverhältnisses): Der volle Urlaubsanspruch wird erstmalig nach sechsmonatigem Bestehen des Arbeitsverhältnisses erworben (§ 4 BUrlG). Hat der Arbeitnehmer die sechsmonatige Wartezeit erfüllt und scheidet er nach dem 30.06. eines Kalenderjahres aus, so steht ihm der volle Urlaubsanspruch zu.
Anspruch auf je 1/12 des Jahresurlaubs für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer nach § 5 BUrlG
Nach Abs. 2 des § 5 BUrlG sind Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden. Sind dem Arbeitnehmer Urlaubstage über den bestehenden Anspruch hinaus gewährt worden, so kann das dafür bezahlte Ur-laubsentgelt nicht zurückgefordert werden (§ 5 III BUrlG).
Zur Vermeidung von Doppelansprüchen ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer eine Bescheinigung über den im laufenden Kalenderjahr gewährten oder abgegoltenen Urlaub auszuhändigen, da ein Anspruch auf Urlaub nicht besteht, soweit der Arbeitnehmer für das laufende Kalenderjahr bereits von einem früheren Arbeitgeber Urlaub gewährt bekommen hat (§ 6 BUrlG.
Urlaubswünsche des Arbeitnehmers
Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Gründe oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.
Der Urlaub ist dem Arbeitnehmer außerdem zu gewähren, wenn er diesen im Anschluss einer Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation verlangt (§ 7 Abs. 1 BUrlG).
Aufteilung des Jahresurlaubs
Grundsätzlich soll der Urlaub zusammenhängend gewährt werden, es sei denn, dass dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe eine Teilung des Urlaubs erforderlich machen.
Kann der Urlaub aus diesen Gründen nicht zusammenhängend gewährt werden und hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Urlaub von mehr als zwölf Werktagen, so muss einer der Urlaubsteile mindestens zwölf aufeinander folgende Werktage umfassen (§ 7 Abs. 2 BUrlG).
Inanspruchnahme, Verfall, Abgeltung
Grundsätzlich muss der Urlaub
im laufenden Kalenderjahr gewährt und angetreten werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur möglich, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen.
Im Falle der Übertragung muss der Urlaub
in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und angetreten werden. Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten (§ 7 BUrlG). Eine Abgeltung im bestehenden Arbeitsverhältnis ist daher grundsätzlich ausgeschlossen. Durch Tarifvertrag oder einzelvertragliche Vereinbarung kann allerdings vorgesehen werden, dass die Abgeltung derjenigen Urlaubsansprüche zu erfolgen hat, die infolge Erkrankung des Arbeitnehmers weder im Urlaubsjahr noch im Übertragungszeitraum, d.h. bis zum 31.03. des Folgejahres, realisiert werden konnten und damit eigentlich verfallen sind. Der Abgeltungsanspruch als Ersatz des Freizeitanspruchs setzt weiter voraus, dass im bestehenden Arbeitsverhältnis der Arbeitnehmer den Urlaub im Urlaubsjahr bzw. im Übertragungszeitraum tatsächlich hätte nehmen können. Ein Abgeltungsanspruch scheidet daher aus, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis arbeitsunfähig erkrankt ist und auch nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums mehr arbeitsfähig wird.
Die Höhe der Abgeltung bestimmt sich grundsätzlich nach dem Verdienst der letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Bei der Berechnung der Abgeltung ist für jeden abzugeltenden Urlaubstag 1/6 des wöchentlichen Durchschnittseinkommens in Ansatz zu bringen.
Während des gewährten Urlaubs darf der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten
(§ 8 BUrlG).
Einschränkung in Bezug auf den Verfall von Urlaubsansprüchen
Mit Entscheidung vom 19.02.2019 (BAG 9 AZR 541/15) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub in der Regel nur dann am Ende des Kalenderjahres erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor über den konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallsfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Diese Entscheidung ist unmittelbar auch auf die kirchlichen Dienstverhältnisse anzuwenden.
Somit entfällt ein Urlaubsanspruch aus dem Vorjahr künftig nur noch dann, wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer über noch zustehende Urlaubsansprüche und deren Verfall ausdrücklich belehrt hat. Aufgrund des Erfordernisses der Belehrung über den konkreten Anspruch kann eine solche Belehrung nicht pauschal für alle folgenden Jahre gelten und muss für jeden Anspruchszeitraum neu erfolgen.
Insofern muss der Arbeitgeber jedem Arbeitgeber
Das BAG betont dabei ausdrücklich,
dass jeder Arbeitnehmer individuell zu informieren ist. Dies kann sowohl durch ein gesondertes Anschreiben geschehen oder über die bestehenden anderweitigen Informationskanäle wie z.B. als Beilage zur monatlichen Gehaltsabrechnung. Der Hinweis sollte sich jedoch optisch deutlich abheben.
Ein allgemeines Rundschreiben pauschal an alle Beschäftigten genügt nicht den Anforderungen, die das BAG an den Arbeitgeber stellt.
Kommt es zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu unterschiedlichen Rechtsauffassungen bezüglich noch bestehender Ansprüche,
so trägt der Arbeitgeber die Beweislast, dass er seine oben beschriebenen Informationspflichten hinreichend erfüllt hat.
Auch hinsichtlich des möglichen Belehrungszeitpunktes hat das BAG Empfehlungen ausgesprochen. Sinnvoll ist die Belehrung über den Umfang des Jahresurlaubs ist zunächst der
Jahresbeginn. Dies ist zwar nicht zwingend, bietet sich allerdings zur Vereinfachung der Prüfung des jeweiligen Urlaubsanspruchs an. Außerdem ist dies die sicherste Variante, um zu gewährleisten, dass die Beschäftigten tatsächlich die Möglichkeit erhalten, den Urlaub rechtzeitig innerhalb des Urlaubsjahres zu nehmen.
Das BAG hält eine ständige Aktualisierung der Mitteilung, etwa anlässlich jeder Änderung des Umfangs des Urlaubsanspruchs, nicht für erforderlich. Somit ist grundsätzlich eine jährlich einmalig erfolgende Belehrung ausreichend.
Verjährung von Urlaubsansprüchen
Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung.
Dies geht aus einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20.12.2022 hervor (Az.: 9 AZR 266/20). Nach Ansicht des BAG
finden zwar die Vorschriften über die Verjährung (§ 214 Abs. 1, § 194 Abs. 1 BGB) auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung.
Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 199 Abs. 1 BGB jedoch nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern
erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Der Senat hat damit die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 22. September 2022 (- C-120/21 -) umgesetzt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs tritt der Zweck der Verjährungsvorschriften, die Gewährleistung von Rechtssicherheit, in der vorliegenden Fallkonstellation hinter dem Ziel von Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zurück, die Gesundheit des Arbeitnehmers durch die Möglichkeit der Inanspruchnahme zu schützen. Die Gewährleistung der Rechtssicherheit dürfe nicht als Vorwand dienen, um zuzulassen, dass sich der Arbeitgeber auf sein eigenes Versäumnis berufe, den Arbeitnehmer in die Lage zu versetzen, seinen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub tatsächlich auszuüben. Der Arbeitgeber könne die Rechtssicherheit gewährleisten, indem er seine Obliegenheiten gegenüber dem Arbeitnehmer nachhole.
Erkrankung während der Urlaubszeit
Wenn der Arbeitnehmer während des Urlaubs erkrankt, so werden die durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit auf den Jahresurlaub nicht angerechnet (§ 9 BUrlG). Bei Maßnahmen der medizinischen Vorsorge oder Rehabilita-tion dürfen die hierfür benötigten Tage nicht auf den Urlaub angerechnet werden, soweit ein Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall besteht (§ 10 BUrlG).
Fortzahlung der Bezüge während des Urlaubs
Während des Urlaubs ist das Urlaubsentgelt an den Arbeitnehmer weiter zu zahlen. Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, dass der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes
Treten während des Berechnungszeitraums Verdiensterhöhungen ein, die nicht nur von vorübergehender Natur sind, so ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Im Falle von Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleibt dies für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge (z.B. Kantinenessen), die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in Bar abzugelten. Unabhängig davon, wann sonst der Arbeitnehmer Anspruch auf Zahlung seines Entgelts hat, ist das Urlaubsentgelt vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen (§ 11 Abs. 2 BUrlG).
Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen
Von den Mindestbedingungen der §§ 1, 2 und 3 Abs. 1 BUrlG kann nicht abgewichen werden. Ansonsten sind abweichende Bestimmungen in Tarifverträgen oder anderen Kollektivvereinbarungen möglich. Diese abweichenden Bestimmungen haben zwischen nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern dann Geltung, wenn zwischen diesen die Anwendung der einschlägigen tariflichen Urlaubsregelung vereinbart ist. Außer im Falle des § 7 Abs. 2 S. 2 BUrlG (Abweichung vom Grundsatz, dass der Urlaub zusammenhängend zu gewähren ist) kann von den Bestimmungen des BUrlG nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abgewichen werden (§ 13 Abs. 1 BUrlG).
Rücknahme gewährten Urlaubs
Vom Arbeitgeber gewährter Urlaub kann nach Auffassung der Rechtsprechung nicht mehr von diesem zurückgenommen werden, weil der Arbeitnehmer auf die Inanspruchnahme des gewährten Urlaubs uneingeschränkt vertrauen darf.
Ist ein Urlaub einmal gewährt, kann er vom Arbeitgeber nur in engsten Grenzen zurückgenommen bzw. widerrufen werden. Das Gleiche gilt für Ersatzruhe- bzw. Ausgleichtage nach einer Sonn- oder Feiertagsarbeit.
Konkret muss nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts jeweils eine ganz besondere Notfallsituation vorliegen. Probleme z.B. bei der Auffüllung eines Dienstplans reichen hier in aller Regel nicht aus.
Urlaub während Probezeit
Sofern zu Beginn des Arbeitsverhältnisses eine Probezeit zu berücksichtigen ist, besteht während dieser grundsätzlich die Möglichkeit, Urlaub zu nehmen. Denn gemäß § 5 BurlG erwerben Beschäftigte für jeden vollen Monat des bestehenden Arbeitsverhältnisses rechnerisch ein Zwölftel des zustehenden Jahresurlaubs. Allerdings kann in den ersten sechs Monaten des Arbeitsverhältnisses (sog. Wartezeit) nicht der volle Urlaubsanspruch geltend gemacht werden. Dieser entsteht gemäß § 4 BurlG erst sechs Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses.
Diese Regelung führt damit oft zu dem Missverständnis, dass während der Probezeit eine Urlaubssperre bestehe.
Der Arbeitgeber kann den Urlaub nur dann verweigern, wenn nachweislich dringende betriebliche Gründe oder Urlaub von Arbeitskollegen dagegen sprechen. Ein pauschaler Verweis auf die Probezeit ist dagegen unzulässig.
Aufseiten des Arbeitgebers besteht jedoch auch ein berechtigtes Interesse, dass neue Beschäftigte eine erfolgreiche Einarbeitungszeit erhalten und beispielsweise auch im Team der weiteren Mitarbeitenden integriert werden. Ein längerer Urlaub ist in den ersten sechs Monaten deshalb nicht zu empfehlen, selbst wenn der Arbeitgeber grundsätzlich damit einverstanden ist. Auch sollte berücksichtigt werden, dass das Arbeitsverhältnis während der Probezeit ohne Angabe von Gründen binnen 14-Tages-Frist beendet werden kann. Es ist also auch zu berücksichtigen, welches Signal gesetzt wird, wenn in der Einarbeitungsphase bereits Urlaubstage beansprucht werden.
Wird das Arbeitsverhältnis während der Probezeit gekündigt, ist der bis dahin entstandene Urlaubsanspruch zu gewähren, § 5 Abs. 1 b) BurlG. Ist dies nicht möglich, ist der Urlaubsanspruch auszahlen.
Sonstige Regelungen
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen, dass eine Gewährung von Urlaub im Vorgriff auf das folgende Urlaubsjahr nicht zulässig ist. Ist dem Arbeitnehmer schon Urlaub im Vorgriff auf das folgende Jahr gewährt worden, so kann dieser den Urlaub im neuen Urlaubsjahr nochmals fordern, ohne zur Zurückzahlung des Urlaubsentgelts verpflichtet zu sein.
Nach § 47 Schwerbehindertengesetz (SchwbG) haben anerkannte
Schwerbehinderte einen
Anspruch auf Zusatzurlaub von fünf Arbeitstagen. Dieser Zusatzurlaub ist auf jeden Fall zusätzlich zum Mindesturlaub nach dem BUrlG zu gewähren. Eine Vereinbarung, die hiervon abweicht, ist unwirksam. Der Arbeitnehmer muss diesen Zusatzurlaub ausdrücklich unter Berufung auf seine Schwerbehinderteneigenschaft gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Hat er dies nicht getan, so kann er sich rückwirkend nicht mehr auf die Schwerbehinderteneigenschaft berufen und den Zusatzurlaub rückwirkend geltend machen.