Wichtige Änderungen im Umsatzsteuerrecht erst ab 01. Januar 2027

Erneuter Aufschub der Gesetzesänderung - Entscheidung des Bundesrates vom 22.11.2024

In seiner Sitzung vom 22.11.2024 hat der Bundesrat dem zuvor vom Bundestag beschlossenen Jahressteuergesetz 2024 zugestimmt. 
Der neue §2b UStG wird für die Kirchen erst ab dem 01. Januar 2027 verpflichtend gelten.

Das Bundesfinanzministerium hatte die Verlängerung der Übergangsregelung nochmals in das Jahressteuergesetz 2024 aufgenommen. Ziel der Maßnahme ist es, den an der Umsetzung der rechtlichen Vorgaben beteiligten Stellen und Einrichtungen mehr Vorbereitungszeit zu gewähren.

In der Öffentlichkeit stößt der Aufschub auf geteiltes Echo, führt sie doch zu erheblicher Irritation, insbesondere aufgrund der bisher erfolgten Arbeiten im Zusammenhang mit der bevorstehenden Gesetzesänderung.

Die untenstehenden Ausführungen gelten unverändert, allerdings nach derzeitigem Stand erst mit Wirkung ab 01. Januar 2027.
 


Eine wichtige Änderung des Umsatzsteuergesetzes betrifft unmittelbar den Bereich der juristischen Personen des öffentlichen Rechts - und damit auch der Kirchen.

Konkret handelt es sich um die Änderung des § 2b UStG (Umsatzsteuergesetz), der in der bisherigen Form mit europäischem Recht nicht vereinbar ist und daher geändert werden musste.


Bisherige Rechtslage

Nach bisherigen Recht wurden die kirchlichen Institutionen (Kirchengemeinde, Kirchenkreis, Landeskirche) nur dann der Umsatzbesteuerung unterworfen, wenn diese Einnahmen aus gewerblicher Betriebstätigkeit erzielt haben (z.B. Tagungshäuser). Eine Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art war dann erforderlich, wenn gleichartige Einnahmen den Betrag von 35.000,00 EUR pro Jahr überstiegen. Diese Grenze wurde bisher nur selten überschritten.

Das bisherige Umsatzsteuerrecht war damit ein Privileg nicht nur für die Kirchen sondern auch für alle übrigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Diese Regelung ist europarechtswidrig und daher abzuändern, da sie eine unangemessene Bevorzugung der Körperschaften öffentlichen Rechts darstellte.


Neue Rechtslage

Nach nun geänderter und rechtmäßiger Fassung des § 2b UStG werden zukünftig juristische Personen des öffentlichen Rechts (und damit auch Kirchengemeinden bzw. kirchliche Einrichtungen und Institutionen) rechtlich wie ein Unternehmer behandelt. Wesentlicher Aspekt ist hierbei die Tatsache, dass eine Kirchengemeinde bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten mit anderen Anbietern in Wettbewerb tritt. Nicht relevant ist hierbei, ob im Rahmen der Ausübung der konkreten Tätigkeiten eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt oder nicht. Auch ist es unerheblich, ob der Erlös letztlich für einen gemeinnützigen Zweck bestimmt ist.

Der Katalog der unterschiedlichen Einnahmearten ist umfangreich. Im Wesentlichen wird hierbei in zwei Einnahmearten unterschieden:

1. Einnahmen im hoheitlichen Bereich
    Einnahmen im hoheitlichen Bereich sind z.B. Gebühren, Beiträge auf  
    gesetzlicher oder satzungsrechtlicher Grundlage etc.
    Hier wird auch weiterhin keine Umsatzsteuer erhoben, es sei denn,
    die Nichtbesteuerung führt zu größeren Wettbewerbsverzerrungen.

2. Einnahmen im unternehmerischen Bereich
    Einnahmen im unternehmerischen Bereich sind z.B. Verkaufserlöse von
    Büchern, Karten oder Tonträgern, Erlöse aus Konzerten,
    Gemeindefest, Adventsmarkt etc.
    Hier werden Einnahmen ab dem ersten EURO umsatzsteuerpflichtig,
    es sei denn, ein gesetzlicher Umsatzsteuerbefreiungstatbestand greift.

Sofern die sog. Kleinunternehmer-Regelung einschlägig ist, die jährlichen Einnahmen also den Höchstbetrag von 22.000,00 EUR nicht überschreiten und im laufenden Jahr den Betrag von 50.000,00 EUR nicht übersteigen werden, entfällt das Entrichten einer Umsatzsteuer. Die jährliche Umsatzsteuererklärung ist jedoch trotzdem beim zuständigen Finanzamt zu Prüfzwecken einzureichen.

Durch die beschriebenen gesetzlichen Neuregelungen müssen die kirchlichen Institutionen künftig ausnahmslos jährliche Umsatzsteuererklärungen (regelmäßige Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahreserklärung) abgeben. Dies ist letztlich auch für den Bereich der Kirchenmusik zu beachten, wenn z.B. Einnahmen durch die Veranstaltung von Konzerten oder aus CD-Verkauf erzielt werden.

Die jährlichen Einnahmen einer Institution sind als Ganzes zu bewerten, sodass die Ergebnisse aller Arbeitsbereiche zusammenzuziehen sind. Dabei ist zu beachten, dass sich der Begriff „Einnahmen“ auf sämtliche eingehenden Geldmittel bezieht – unabhängig von der Zweckbestimmung oder dem steuerlichen Gewinn abzüglich der Ausgaben. Selbst bei defizitären Jahresabschlüssen sind die Einnahmen hinsichtlich der Umsatzsteuererklärung zu berücksichtigen.
 
Konzerte und sonstige kulturelle Veranstaltungen:

In Bezug auf Konzerte und sonstige kulturelle Veranstaltungen, die von der Kirchengemeinde veranstaltet und für die Eintrittsgelder erhoben werden, liegt zunächst eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit vor. Dies gilt auch dann, wenn um eine Kollekte oder eine „freiwillige Spende“ gebeten wird, da aufgrund des direkten Zusammenhangs mit dem Konzert ein steuerpflichtiges Entgelt anzunehmen ist (sog. „innere Verknüpfung / unmittelbarer Zusammenhang“ zwischen den beiden ausgetauschten Leistungen „Musikdarbietung“ und „Spende bzw. Kollekte“).

Gemäß § 4 Nr. 20 a) UStG werden Chöre und Orchester der Kirchengemeinden (= juristische Personen des öffentlichen Rechts) denen anderer Kulturträger gleichgestellt:

"Von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 fallenden Umsätzen sind steuerfrei:
[…]
20. a) die Umsätze folgender Einrichtungen juristischer Personen des     öffentlichen Rechts: Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, botanische Gärten, zoologische Gärten, Tierparks, Ar¬chive, Büchereien sowie Denkmäler der Bau- und Gartenbaukunst.
Das Gleiche gilt für die Umsätze gleichartiger Einrichtungen anderer Un¬ternehmer, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie die gleichen kulturellen Aufgaben wie die in Satz 1 bezeichneten Einrichtungen erfüllen.

b) die Veranstaltung von Theatervorführungen und Konzerten durch
andere Unternehmer, wenn die Darbietungen von den unter Buch-stabe a) bezeichneten Theatern, Orchestern, Kammermusik-ensembles oder Chören erbracht werden. […]"

Damit ergibt sich eine Gleichstellung der Einrichtungen der Kirchen mit denen der staatlichen Stellen, so dass die Steuerbefreiung unmittelbar gegeben ist, ohne dass eine gesonderte Bescheinigung not-wendig wird, dass diese Einrichtungen die gleichen kulturellen Aufgaben erfüllen, wie die staatlichen Stellen.

Mit dieser Regelung wird auch die Freistellung nach § 4 Nr. 20 b) UStG für Veranstaltungen vereinfacht, wenn hier kirchliche Einrichtungen beteiligt sind.

In Bezug auf die Durchführung von Konzerten, bei denen die Kirchengemeinde Veranstalter ist, bleibt es bei dem Erfordernis der Antragstellung gemäß § 4 Nr. 20a UStG (siehe oben), wenn keine der vorstehend genannten Voraussetzungen gegeben sind, es sich also vornehmlich um Gastgruppen und -ensembles handelt.

In allen anderen Fällen kann eine Befreiung der Steuerpflicht in Betracht kommen, wenn eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde (Bezirksregierung) vorliegt. Voraussetzung ist, dass die gleichen kulturellen Aufgaben versehen werden, wie es bei entsprechenden staatlichen oder kommunalen Einrichtungen der Fall ist. Insbesondere können auch Solokünstler (z.B. Konzertorganisten) oder freischaffend tätige Ensembles eine Befreiung beantragen.

Ein solcher Befreiungsantrag kann in der Regel formlos bei der zuständigen Landesbehörde gestellt werden. Der Antrag ist zu begründen. Bei den jeweils zuständigen Behörden der einzelnen Bundesländer kann erfragt werden, welche Angaben im Rahmen der Begründung erforderlich sind. Im Falle einer positiven Bescheinigung stellt die zuständige Behörde dem Antragsteller eine Bescheinigung aus, die dann dem Finanzamt vorzulegen ist und aufgrund derer eine Steuerbefreiung erfolgt.

Spenden sind umsatzsteuerfrei, wenn es sich um „echte“ Spenden handelt. Eine getätigte Geldzuwendung darf nur dann als Spende gewertet werden, wenn diese vollkommen freiwillig, ohne jegliche Leistungsverbindlichkeit und „ohne die Erwartung eines besonderen (Nutzungs-)Vorteils gegeben wird“ (dies ist wie erwähnt bei Konzertkollekten nicht der Fall). Die Spendenmotivation zur Förderung gemeinnütziger bzw. kirchlicher Zwecke muss eindeutig im Vordergrund stehen (BFH, Urteil vom 09.12.2014, Az. X R 4/11, Rn. 39, 40). Insofern bleiben Spenden für besondere Projekte (Orgelrenovierung oder Neubau, Anschaffung von Instrumenten, Einzelspenden oder der klassische „Opferstock“ am Ausgang der Kirche für die allgemeine kirchenmusikalische Arbeit usw.) steuerlich unbeachtlich.


Inkrafttreten / Übergangsfrist

Die hier genannten Neuregelungen wurden 2015 beschlossen und gelten seit 2017. Sofern Kirchengemeinden dies beantragt haben, gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2026. 

Die uneingeschränkte Umsatzsteuerpflicht gilt für die Kirchen ab dem 01. Januar 2027.

Die teils umfangreichen Maßnahmen für die Umstellung auf die neue Praxis müssen damit spätestens Ende 2026 abgeschlossen sein, da ein weitere Aufschub oder eine Verlängerung der Überleitungsfrist nicht zulässig ist.


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