Umsatzsteuerpflicht Kirchen

Wichtige Änderungen im Umsatzsteuerrecht erst ab 01. Januar 2025

Erneuter Aufschub der Gesetzesänderung - Entscheidung des Bundesrates vom 16.12.2022

Der neue §2b UStG wird für die Kirchen erst ab dem Jahr 2025 verpflichtend gelten.Dies hat der Bundestag in seiner Sitzung am 02. Dezember 2022 beschlossen. Der Bundesrat hat am 16. Dezember 2022 seine Zustimmung erteilt.

Das Bundesfinanzministerium hatte die Verlängerung der Übergangsregelung kurzfristig in das Jahressteuergesetz 2022 aufgenommen. Ziel der Maßnahme ist es, die Kommunen angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen in Bezug auf Ukrainekrieg, Energiekrise und Grundsteuerreform nicht noch weiter zu belasten.
„Der Übergang zu einem neuen Besteuerungsregime bei der Umsatzbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts könnte hier zu einer Überlastung der Strukturen führen. Dies gilt es zu vermeiden“, heißt es in einer Erklärung der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesminister der Finanzen Katja Hessel (FDP).

In der Öffentlichkeit stößt der Aufschub auf geteiltes Echo, führt sie doch zu erheblicher Irritation, insbesondere aufgrund der sehr kurzfristigen Entscheidung und den bisher erfolgten Arbeiten im Zusammenhang mit der bevorstehenden Gesetzesänderung.

Die untenstehenden Ausführungen gelten unverändert, allerdings voraussichtlich erst mit Wirkung ab 01. Januar 2025.
 


Eine wichtige Änderung des Umsatzsteuergesetzes betrifft unmittelbar den Bereich der juristischen Personen des öffentlichen Rechts - und damit auch der Kirchen.

Konkret handelt es sich um die Änderung des § 2b UStG (Umsatzsteuergesetz), der in der bisherigen Form mit europäischem Recht nicht vereinbar ist und daher geändert werden musste.


Bisherige Rechtslage

Nach bisherigen Recht wurden die kirchlichen Institutionen (Kirchengemeinde, Kirchenkreis, Landeskirche) nur dann der Umsatzbesteuerung unterworfen, wenn diese Einnahmen aus gewerblicher Betriebstätigkeit erzielt haben (z.B. Tagungshäuser). Eine Besteuerung von Betrieben gewerblicher Art war dann erforderlich, wenn gleichartige Einnahmen den Betrag von 35.000,00 EUR pro Jahr überstiegen. Diese Grenze wurde bisher nur selten überschritten.

Das bisherige Umsatzsteuerrecht war damit ein Privileg nicht nur für die Kirchen sondern auch für alle übrigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Diese Regelung ist europarechtswidrig und daher abzuändern, da sie eine unangemessene Bevorzugung der Körperschaften öffentlichen Rechts darstellte.


Neue Rechtslage

Nach nun geänderter und rechtmäßiger Fassung des § 2b UStG werden zukünftig juristische Personen des öffentlichen Rechts (und damit auch Kirchengemeinden bzw. kirchliche Einrichtungen und Institutionen) rechtlich wie ein Unternehmer behandelt. Wesentlicher Aspekt ist hierbei die Tatsache, dass eine Kirchengemeinde bei Ausübung bestimmter Tätigkeiten mit anderen Anbietern in Wettbewerb tritt. Nicht relevant ist hierbei, ob im Rahmen der Ausübung der konkreten Tätigkeiten eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt oder nicht. Auch ist es unerheblich, ob der Erlös letztlich für einen gemeinnützigen Zweck bestimmt ist.

Der Katalog der unterschiedlichen Einnahmearten ist umfangreich. Im Wesentlichen wird hierbei in zwei Einnahmearten unterschieden:

1. Einnahmen im hoheitlichen Bereich
    Einnahmen im hoheitlichen Bereich sind z.B. Gebühren, Beiträge auf  
    gesetzlicher oder satzungsrechtlicher Grundlage etc.
    Hier wird auch weiterhin keine Umsatzsteuer erhoben, es sei denn,
    die Nichtbesteuerung führt zu größeren Wettbewerbsverzerrungen.

2. Einnahmen im unternehmerischen Bereich
    Einnahmen im unternehmerischen Bereich sind z.B. Verkaufserlöse von
    Büchern, Karten oder Tonträgern, Erlöse aus Konzerten,
    Gemeindefest, Adventsmarkt etc.
    Hier werden Einnahmen ab dem ersten EURO umsatzsteuerpflichtig,
    es sei denn, ein gesetzlicher Umsatzsteuerbefreiungstatbestand greift.

Sofern die sog. Kleinunternehmer-Regelung einschlägig ist, die jährlichen Einnahmen also den Höchstbetrag von 22.000,00 EUR nicht überschreiten und im laufenden Jahr den Betrag von 50.000,00 EUR nicht übersteigen werden, entfällt das Entrichten einer Umsatzsteuer. Die jährliche Umsatzsteuererklärung ist jedoch trotzdem beim zuständigen Finanzamt zu Prüfzwecken einzureichen.

Durch die beschriebenen gesetzlichen Neuregelungen müssen die kirchlichen Institutionen künftig ausnahmslos jährliche Umsatzsteuererklärungen (regelmäßige Umsatzsteuervoranmeldungen und Jahreserklärung) abgeben. Dies ist letztlich auch für den Bereich der Kirchenmusik zu beachten, wenn z.B. Einnahmen durch die Veranstaltung von Konzerten oder aus CD-Verkauf erzielt werden.

Die jährlichen Einnahmen einer Institution sind als Ganzes zu bewerten, sodass die Ergebnisse aller Arbeitsbereiche zusammenzuziehen sind. Dabei ist zu beachten, dass sich der Begriff „Einnahmen“ auf sämtliche eingehenden Geldmittel bezieht – unabhängig von der Zweckbestimmung oder dem steuerlichen Gewinn abzüglich der Ausgaben. Selbst bei defizitären Jahresabschlüssen sind die Einnahmen hinsichtlich der Umsatzsteuererklärung zu berücksichtigen.
 
Sonderfall Konzerte und sonstige kulturelle Veranstaltungen:

In Bezug auf Konzerte und sonstige kulturelle Veranstaltungen, die von der Kirchengemeinde veranstaltet und für die Eintrittsgelder erhoben werden, liegt zunächst eine steuerpflichtige wirtschaftliche Tätigkeit vor. Dies gilt auch dann, wenn um eine Kollekte oder eine „freiwillige Spende“ gebeten wird, da aufgrund des direkten Zusammenhangs mit dem Konzert ein steuerpflichtiges Entgelt anzunehmen ist (sog. „innere Verknüpfung / unmittelbarer Zusammenhang“ zwischen den beiden ausgetauschten Leistungen „Musikdarbietung“ und „Spende bzw. Kollekte“).

Für derartige Veranstaltungen kann gemäß § 4 Nr. 20 a) UStG jedoch eine Befreiung der Steuerpflicht in Betracht kommen: Umsätze kultureller Einrichtungen und Veranstaltungen der öffentlichen Hand, z.B. Konzerte, bleiben steuerfrei, wenn eine Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde (Bezirksregierung) vorliegt. Dies gilt zunächst z.B. für Theater, Orchester, Kammermusikensembles, Chöre, Museen, Büchereien usw. und kann allerdings auch auf den Bereich der kirchenmusikalischen und kulturellen Arbeit einer Kirchengemeinde übertragen werden.
Voraussetzung ist, dass die gleichen kulturellen Aufgaben versehen werden, wie es bei entsprechenden staatlichen oder kommunalen Einrichtungen der Fall ist. Darüber hinaus können übrigens auch Solokünstler (z.B. Konzertorganisten) oder freischaffend tätige Ensembles eine Befreiung beantragen.

Ein solcher Befreiungsantrag kann in der Regel formlos bei der zuständigen Landesbehörde gestellt werden. Der Antrag ist zu begründen. Bei den jeweils zuständigen Behörden der einzelnen Bundesländer kann erfragt werden, welche Angaben im Rahmen der Begründung erforderlich sind. Im Falle einer positiven Bescheinigung stellt die zuständige Behörde dem Antragsteller eine Bescheinigung aus, die dann dem Finanzamt vorzulegen ist und aufgrund derer eine Steuerbefreiung erfolgt.
Antragsteller ist dabei der jeweils Steuerpflichtige – für den Fall dass für die kirchenmusikalische Arbeit auf Ebene einer Kirchengemeinde eine Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht erwirkt werden möchte, liegt die Aufgabe der Antragstellung somit bei der Kirchengemeinde.

Die Befreiung beschränkt sich ausschließlich auf Eintrittsgelder oder Kollekten. Nicht befreit und insofern generell der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind Einnahmen aus dem Verkauf z.B. von Speisen und Getränken etc.

Spenden sind umsatzsteuerfrei, wenn es sich um „echte“ Spenden handelt. Eine getätigte Geldzuwendung darf nur dann als Spende gewertet werden, wenn diese vollkommen freiwillig, ohne jegliche Leistungsverbindlichkeit und „ohne die Erwartung eines besonderen (Nutzungs-)Vorteils gegeben wird“ (dies ist wie erwähnt bei Konzertkollekten nicht der Fall). Die Spendenmotivation zur Förderung gemeinnütziger bzw. kirchlicher Zwecke muss eindeutig im Vordergrund stehen (BFH, Urteil vom 09.12.2014, Az. X R 4/11, Rn. 39, 40). Insofern bleiben Spenden für besondere Projekte (Orgelrenovierung oder Neubau, Anschaffung von Instrumenten, Einzelspenden oder der klassische „Opferstock“ am Ausgang der Kirche für die allgemeine kirchenmusikalische Arbeit usw.) steuerlich unbeachtlich.


Inkrafttreten / Übergangsfrist

Die hier genannten Neuregelungen wurden 2015 beschlossen und gelten seit 2017. Sofern Kirchengemeinden dies beantragt haben, gilt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2024. 

Die uneingeschränkte Umsatzsteuerpflicht gilt für die Kirchen ab dem 01. Januar 2025.

Die teils umfangreichen Maßnahmen für die Umstellung auf die neue Praxis müssen damit spätestens Ende 2024 abgeschlossen sein, da ein weitere Aufschub oder eine Verlängerung der Überleitungsfrist nicht zulässig ist.


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