Kündigung

Kündigung

Allgemeines


Kaum ein Themenbereich des Arbeitsrechts ist umfangreicher und komplizierter als derjenige, der sich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses befasst. Denn nicht immer besteht zwi­schen Arbeitnehmer und Arbeitgeber die Möglichkeit, das Be­schäftigungsverhältnis einver­nehmlich aufzulösen.

 

Den Normalfall der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses stellt die Kündigung dar. Sie kann ordentlich oder außerordentlich erfolgen. Als Kündigung bezeichnet man die Beendigung ei­nes Dauerschuldverhältnisses (z.B. eines Arbeitsverhältnisses) durch eine einseitig empfangs­bedürftige Willenser­klärung mit Wirkung für die Zukunft. Dabei wird die Kündigung hinsicht­lich ihrer Wirksamkeit von zahlreichen formalen und materiellen Voraussetzungen abhängig gemacht, die das Interesse der Vertragspartner an einer Verlässlichkeit vertragli­cher Bezie­hungen ange­messen berücksichtigen sollen.

 

Im folgenden Kapitel werden die unterschiedlichen Formen der Kündigung bzw. Been­digung des Arbeitsverhältnisses beschrieben. Sodann folgen einige Ausfüh­rungen zu wichtigen Voraussetzungen, die zur Wirksamkeit oder auch Unwirksamkeit einer Kündigung führen.

 

 


Einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses

 

Die für beide Seiten günstigste Möglichkeit, ein Arbeitsverhältnis zu beenden, ist die Verein­barung eines Auflösungsvertrages.

Damit er­klären die Vertrags­partner, dass sie mit der Auflösung des Arbeitsver­hältnisses einverstanden sind. Ein solcher Auflösungsvertrag kann - im Gegensatz zur ordentlichen Kündigung - zu einem frei wählba­ren Zeitpunkt fristlos und auch mit sofortiger Wirkung geschlossen werden.

 


 

Ordentliche Kündigung

 

Die ordentliche Kündigung bedarf oft keiner Begründung, ist aber an gesetzliche Fris­ten ge­bunden. Das Recht der ordentlichen Kündigung besteht sowohl für den Arbeit­geber als auch für den Arbeitnehmer und stellt den klassischen Fall der Be­endigung eines Beschäftigungs­verhältnisses dar.


Die allgemeinen Kündigungsfristen des BGB können durch landeskirchliche Arbeitsrechtsregelungen angepasst sein. Diese gelten dann vorrangig.




Kündigungsschutz

 

Vor der Aussprache einer Kündigung ist vor allem das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) zu beachten, das an die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung be­stimmter Arbeitsverhältnisse hohe Anforderungen stellt. Das KSchG enthält eine Reihe von Tatbeständen, durch die eine Kündigung des Mitarbeiters nicht zulässig ist. So ist bei­spielsweise u.a. die Kündigung von Mitarbeiterinnen im Mutterschutz, von Auszubil­denden sowie Mitarbeitenden in Elternzeit unwirksam. Allerdings kann sich ein Arbeit­nehmer nur dann auf das KSchG berufen, wenn das betreffende Arbeitsverhältnis bereits min­destens sechs Monate besteht und mehr als 10 Mitarbeitende im Bereich des Anstellungsträgers beschäftigt sind.

 

Darüber hinaus ist die Kündigung unwirksam, wenn sie nicht sozial gerechtfertigt ist. Wann dies der Fall ist, definiert § 1 Abs. 2 KSchG ausführlich. Vor allem ist die Kündigung u.a. dann sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende be­triebliche Erfordernisse, die einer Weiterbe­schäfti­gung des Arbeitnehmers in die­sem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Wenn die Kün­digung gegen innerbe­triebliche Richtlinien verstößt oder der Arbeitnehmer auch an einem an­deren Ar­beitsplatz weiterbe­schäftigt werden kann, liegt ebenfalls eine sozial unge­rechtfer­tigte Kündigung vor.

 

Gegen arbeitsrechtlich ungerechtfertigte Kündigungen kann der Arbeitnehmer Kün­digungs­schutzklage erheben, die ihrerseits wieder an festgelegte Klage­fristen (sog. Präklusionsfrist: drei Wochen nach Zugang der Kündigung) gebunden ist.

 

 


Unkündbarkeit

 

Einen besonderen Kündigungsschutz genießen Mitarbeitende, die über einen längeren Zeit­raum beim Dienstgeber beschäftigt sind:

Die landeskirchlichen Arbeitsrechtsregelungen sehen in der Regel vor, dass Arbeitsverhältnisse von Mitarbeitenden, die eine bestimmte Altersgrenze überschritten und eine bestimmte Anzahl an Dienstjahren absolviert haben, durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden können (unkündbares Dienstverhältnis). 

 


 

Außerordentliche Kündigung

 

Die außerordentliche Kündigung kann im Gegensatz zur ordentlichen fristlos erfol­gen. Aller­dings bedarf es hierbei eines wichtigen Grundes, der in der Person (per­sonenbedingte Kün­digung) oder im Verhalten (verhaltensbedingte Kündigung) des Arbeitnehmers liegt. Ein wich­tiger Grund liegt dann vor, wenn dem Vertrags­partner, der die Kündigung ausspricht, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen In­teressen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann (§ 314 Abs. 1 BGB). Mit dieser Vorausset­zung ist der außerordentlichen Kündigung eine bedeutende Hürde ge­setzt worden.

 

Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung in der Regel erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist bzw. nach erfolg­loser Ab­mahnung zulässig. Der zur außerordentlichen Kündigung Berechtigte muss sein Recht zudem innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis des Abmahnungsgrundes ausüben, da er dieses Recht ansonsten verwirkt (§ 314 Abs. 3 BGB). Wenn der Arbeitgeber in Kenntnis eines Grundes, der zur Abmahnung oder gar zur Kündigung berechtigt, nichts un­ternimmt, kann er sich z.B. nicht mehr darauf berufen, dass das Fortbestehen des Arbeitsver­hältnisses unzumut­bar ist.




Form der Kündigung

 

Die Kündigung muss grundsätzlich schriftlich erfolgen. Eine lediglich mündlich ausge­sprochene Kündigung ist ausnahmslos unwirksam. Dies gilt auch dann, wenn die mündliche Kündigung zu einem späteren Zeitpunkt schriftlich vom Dienstgeber oder Dienstnehmer nur noch bestätigt wird.

 

Ebenso bedarf die Wirksamkeit der Kündigung eines formellen Beschlusses des Leitungsor­gans des Anstellungsträgers (z.B. Presbyterium, Kirchenvorstand, Kreissynodalvorstand).

 

Schriftlich ist eine Kündigung nur dann, wenn der Kündigungsberechtigte eigen­händig seine Unterschrift unter den Kündigungstext geschrieben hat. Deshalb kann eine Kündigung per Telefax, E-Mail oder gar mündlich keine schriftliche Kün­digung im Sinne von § 623 BGB dar­stellen, denn die Vorschrift bestimmt ausdrück­lich, dass die Kündi­gung in elektronischer Form ausgeschlossen ist. Dem Empfän­ger des Kündigungs­schreibens muss immer ein eigenhändig unter­schriebenes Kündigungsschreiben im Original zugehen.

 

 


Zugang der Kündigung

 

Entscheidend für die Wirksamkeit bzw. die Unwirksamkeit einer ausgesprochenen Kün­digung ist der rechtswirksame Zugang des Kündigungsschreibens bei dem Erklä­rungsempfänger (dem Gekündigten). Es gilt der Grundsatz, dass derje­nige, der die Kündigung ausgespro­chen hat, auch beweisen muss, dass die Gegen­seite die Kündigung er­halten hat. Dem­nach zählt also nicht die bloße Absendung des Kündigungsschrei­bens per Post, sondern auch der Be­weis, dass die Kündigung beim Empfänger an­gekommen ist.

 

Bei Übersendung der Kündigung durch einfachen Brief besteht das Risiko, dass die Kündigung beim Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer nicht ankommt oder der Empfänger be­hauptet, die Kündigung sei nicht angekommen. Daher sollte bei der Wahl der Zustellungsart darauf geachtet werden, dass der Empfang der Kündigung später auch nachweis­bar ist.

Kündigungsberechtigter

 

Es ist für jeden Arbeitnehmer von Bedeutung zu wissen, wer zur Erklärung einer Kündigung berechtigt ist. Nicht selten scheitert eine Kündigung daran, dass nicht derjenige die Kündi­gung aus­gesprochen hat, der nach dem Arbeitsver­trag oder gesetzlich allein berechtigt wäre, eine Kündigung auszusprechen.

Kündigungsberechtigt ist zunächst der Arbeitnehmer bzw. auf Arbeitgeberseite der persön­lich handelnde Arbeitgeber selbst oder sein gesetzlicher bzw. rechtsge­schäftli­cher Vertreter (z.B. Vorsitzender des Presbyteriums als Vertreter des Anstellungsträgers „Kirchengemeinde“).

Kündigt ein Nichtberechtigter das Arbeitsverhältnis zum Arbeitnehmer, kann dieser die Kün­digung gemäß § 174 BGB zurückweisen. Erkennt der Arbeit­geber jedoch nicht schriftlich an, dass die von ihm durch einen nicht berechtigten Vertreter ausgesprochene Kündigung un­wirksam ist, muss innerhalb der dreiwö­chigen Kündi­gungsschutzklagefrist gegen diese un­wirksame Kündigung trotz­dem Klage eingereicht werden. Andernfalls wird die fehlerhafte Kündi­gung wirksam.

 

 


Betriebsbedingte Kündigung

 

Eine weitere Möglichkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stellt die be­triebsbe­dingte Kündigung dar, wonach ein Kündigungsgrund vorliegt, wenn auslö­sende inner- oder außer­betriebliche Umstände eine sog. „gestaltende unterneh­merische Entscheidung“ über den Wegfall von Arbeitsplätzen hervorrufen.

 

Im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung ist dabei festzustellen, ob die Kündi­gung ein geeignetes Mittel zur Reaktion auf die betrieblichen Erfordernisse darstellt, die Kündigung durch die betrieblichen Erfordernisse bei dauerhaftem Entfall des Be­schäftigungsbedürfnisses bedingt und die Kündigung unvermeidbar ist. Weiterhin muss eine Interessenabwägung so­wie eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG erfolgen. Im Rahmen der Sozialauswahl muss der Ar­beitgeber bei einer Kündi­gung soziale Gesichtspunkte (Dauer der Betriebszugehörig­keit, Lebensalter, Unterhaltspflichten, Schwerbehindertenrecht) bei der Auswahl der zu ent­lassen­den Arbeitnehmer be­rücksichtigen.

 

Gegen die betriebsbedingte Kündigung hat der betroffene Arbeitnehmer verschie­dene Schutz­mög­lichkeiten. Vor allem die allgemeinen Regelungen über den Zu­gang sowie den Kündi­gungsberechtigten gelten auch hier. Auch eine ge­richtliche Klärung der Wirksam­keit oder Unwirksamkeit der Kündigung ist möglich.

 


 

Änderungskündigung

 

Eine Änderungskündigung ist eine Kündigung mit dem Angebot zur Fortsetzung des Arbeits­verhältnisses zu geänderten Bedingungen. Der Arbeitgeber kann diese Bedin­gungen nicht einseitig abändern. Stimmt der Arbeitnehmer einer Änderung des Ar­beitsvertrages nicht zu, kann der Inhalt des Arbeitsvertrages nicht geändert werden. Allerdings wird das Arbeitsver­hältnis bei Nichtannahme des Änderungsan­gebotes durch die Änderungskündigung beendet. Die Änderungskündigung ist damit eine bedingte Kündigung, bei der der Eintritt der Kündi­gungswirkung von einer Erklärung des Vertragspartners abhängt.

Für die Wirksamkeit der Änderungskündigung gelten die gleichen Vorschriften wie für die ordentliche Kündigung. Insbesondere ist die Schriftform zu beachten.

 

Die Rechte des Arbeitnehmers sind vielfältig: Er kann den neuen Arbeitsvertrag anneh­men und die Änderungskündigung akzeptieren (§ 2 S. 2 KSchG), er kann aber auch Änderungs­schutzklage einreichen oder den neuen Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt annehmen, die Rechtmäßigkeit der Abänderungen gerichtlich überprü­fen zu lassen (§ 2 S. 1 KSchG).

Letzteres führt allerdings im Falle eines Unterliegens vor Gericht zur Beendigung des Arbeitsverhältnis­ses.




Verdachtskündigung

 

Wenn der Arbeitgeber den Verdacht hat, dass der Arbeitnehmer eine strafbare Handlung oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben könnte, so kann eine Verdachtskündigung ausgesprochen werden. Die für Gerichtsprozesse und den Staat im Übrigen geltende Unschuldsvermutung gilt in der Arbeitswelt dabei nicht. Sprechen Arbeitgeber eine Verdachtskündigung jedoch zu Unrecht aus, haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Wiedereinstellung.


Vor einer Verdachtskündigung ist eine Anhörung des Arbeitnehmers zwingend notwendig, um den Verdacht aufzuklären und Beweise zu erhalten. Ohne Anhörung ist die Kündigung auf Verdacht unwirksam.


Eine vorherige Abmahnung ist im Falle einer Verdachtskündigung hingegen in der Regel nicht erforderlich.

Steht allerdings lediglich der Verdacht eines Diebstahls am Arbeitsplatz geringwertiger Sachen im Bagatellbereich von wenigen Euro im Raum, kann es sein, dass eine Verdachtskündigung nur möglich ist, wenn der Arbeitnehmer bereits in der Vergangenheit wegen eines ähnlichen (erwiesenen) Verstoßes abgemahnt wurde. Da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 10.06.2010 – Az. 2 AZR 541/09 – „Emmely“) ein erwiesener einmaliger Verstoß ohne Abmahnung für eine sofortige Kündigung wegen eines Bagatellvergehens oft nicht ausreicht, muss dies erst recht gelten, wenn lediglich ein begründeter Verdacht auf einen Bagatellverstoß besteht.


Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG v. 23.06.2009 – Az. 2 AZR 474/07) kann der begründete Verdacht einer Straftat am Arbeitsplatz oder sonst einer schweren Pflichtverletzung eine Verdachtskündigung rechtfertigen. Dafür müssen nach dem BAG folgende Voraussetzungen erfüllt sein:


  • Objektive, d.h. nachweisbare Tatsachen begründen den starken Verdacht eines erheblichen Pflichtverstoßes (z.B. Diebstahl oder körperliche Gewalt am Arbeitsplatz).
  • Der Arbeitgeber hat versucht, den Sachverhalt hinreichend aufzuklären und hat dafür auch den verdächtigen Arbeitnehmer angehört.
  • Der erhärtete Verdacht ist dazu geeignet, das für ein Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer ernsthaft und nachhaltig zu erschüttern.
  • Eine Interessenabwägung zwischen dem (sofortigen) Beendigungsinteresse des Arbeitgebers und dem Fortsetzungsinteresse des Arbeitnehmers hat ein Überwiegen der Arbeitgeberinteressen ergeben.


Bei der außerordentlichen Verdachtskündigung muss der Arbeitgeber die Einhaltung der Zwei-Wochen-Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB beachten, da andernfalls die Kündigung unwirksam ist.

Die Ausschlussfrist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Bei einer Verdachtskündigung ist dies erst nach der Anhörung und einer entsprechenden Sachverhaltsaufklärung der Fall.

Steht die Begehung einer Straftat im Raum, kann der Arbeitgeber den Ausgang eines strafrechtlichen Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens abwarten, bevor er eine außerordentliche Verdachtskündigung erklärt.


Mit einer Kündigungsschutzklage können Arbeitnehmer gegen eine unberechtigte Verdachtskündigung vorgehen.

Anwaltliche Unterstützung kann sinnvoll sein, um Fehler des Arbeitgebers nachweisen zu können und eine Abfindung durchzusetzen.


 

 

Fazit

 

Das Themenfeld der Kündigung ist äußerst vielschichtig und kann daher hier nur überblickar­tig dargestellt werden. Dennoch ist der sensible und differenzierte Um­gang mit dem Kündi­gungsrecht wichtig und geboten, weil es einerseits um we­sentliche wirt­schaftliche und unter­nehmerische Interessen des Arbeitgebers geht, dem andererseits aber existentielle Gründe des Arbeitnehmers gegenüberstehen, der mit der Beschäfti­gung seinen Lebensunterhalt dau­erhaft sichert.

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